Das Projekt mit der Bezeichnung 22115-N, das von der Forschungsvereinigung Kalk-Sand e.V. durchgeführt wurde, wurde aufgrund eines Beschlusses des Bundestages über das Programm Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie finanziert. Die Studie wurde über einen Zeitraum von mehreren Jahren durchgeführt und beinhaltete eine enge Zusammenarbeit zwischen der Forschungsvereinigung und zwei Kalksandsteinwerken. Das Forschungsteam führte Experimente im Labor- und Pilotmaßstab durch, während die Werke Produktionsdaten lieferten und Up-Scaling-Versuche ermöglichten. Das übergeordnete Ziel war es, den Kohlenstoff-Fußabdruck von Kalksandsteinen zu reduzieren, indem der Einsatz von gebranntem Kalk verringert und durch alternative Bindemittel wie Zement und Puzzolane ersetzt wurde.
Sieben verschiedene Bindemittelformulierungen wurden beschafft und charakterisiert. Im Labor wurden Kalk-Sand-Steine mit systematischen Variationen des Bindemittelgehalts, der Mischungsverhältnisse und der Prozessparameter hergestellt. Die Phasenanalyse der resultierenden Suspensionen ergab, dass selbst bei vollständigem Ersatz von gebranntem Kalk durch Zement noch Calcium-Silikat-Hydrat-Phasen (CSH) – insbesondere Tobermorit – gebildet wurden. Die veränderte chemische Zusammensetzung führte zu Verschiebungen in den Phasenanordnungen, wobei sich Änderungen im Kalzium-Silizium-Verhältnis auf das Vorkommen von Tobermorit und Xonotlit auswirkten. Bei hohen Substitutionsgraden blieben einige Bindemittelkomponenten nach dem Autoklavieren unreagiert, was darauf hindeutet, dass sie nicht am Dampfhärtungsprozess beteiligt waren.
Versuche im Pilotmaßstab zeigten, dass Ziegel mit einem Bindemittelanteil von nur 2 Massenprozent hergestellt werden konnten. Die resultierenden Ziegel wiesen jedoch eine höhere Gesamtporosität und eine geringere Druckfestigkeit auf als Referenzmischungen, die nur gebrannten Kalk enthielten. Es wurde eine eindeutige umgekehrte Beziehung beobachtet: Mit zunehmender Porosität, insbesondere dem Anteil der Luftporen, nahm die Druckfestigkeit ab. Diese Trends waren bei verschiedenen Bindemitteltypen und Substitutionsgraden konsistent.
Die Forschung ging dann in die großtechnische Produktion in den beiden Partnerwerken über. Optimierte Bindemittelmischungen, die aus Labor- und Pilotdaten abgeleitet wurden, wurden unter realen industriellen Bedingungen eingesetzt. Die im Werksmaßstab hergestellten Ziegel zeigten ähnliche Trends bei Porosität und Festigkeit, was die Laborergebnisse bestätigte. Wichtig ist, dass die Studie ergab, dass eine Erhöhung des Dampfdrucks von 8 bar auf 16 bar die Druckfestigkeit nicht erhöhte, was darauf hindeutet, dass ein niedrigerer Druck und eine kürzere Dauer der Dampfhärtung ohne Beeinträchtigung der Produktqualität eingesetzt werden könnten. Diese Anpassung würde den Energieverbrauch und die damit verbundenen CO₂-Emissionen bei der Herstellung reduzieren.
Eine umfassende Modellierungskomponente quantifizierte die wirtschaftlichen, energetischen und ökologischen Auswirkungen der Bindemittelsubstitutionen. Berechnungen der Produktionskosten zeigten mögliche Einsparungen durch einen geringeren Material- und Energieeinsatz. Die Modellierung des Energieverbrauchs prognostizierte eine Verringerung der Energie für die Dampferzeugung, während die Modellierung der CO₂-Emissionen einen signifikanten Rückgang des Treibhausgasausstoßes voraussagte – vor allem durch den geringeren Bedarf an kalziniertem Kalk und die Möglichkeit kürzerer Dampfzyklen. Die Modellierung verdeutlichte auch den Zielkonflikt zwischen Materialleistung und Umweltvorteilen, der die Optimierung des Bindemittelverhältnisses bestimmt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Projekt gezeigt hat, dass der teilweise Ersatz von gebranntem Kalk durch Zement und Puzzolane technisch machbar ist, auch wenn dies zu einem bescheidenen Anstieg der Porosität und einer Verringerung der Druckfestigkeit führt. Durch eine sorgfältige Abstimmung von Bindemittelanteilen und Prozessparametern kann die Kalksandsteinindustrie messbare CO₂-Reduzierungen erzielen und dabei eine akzeptable Produktleistung beibehalten. Die Zusammenarbeit zwischen dem Forschungsverband und den Herstellerwerken, die durch Bundesmittel unterstützt wurde, bot einen soliden Rahmen für die Umsetzung von Laborerkenntnissen in die industrielle Praxis.
