Das Projekt BS-Talen hatte zum Ziel, ein CRISPR/Cas9-Kassettensystem für die systematische und gezielte Aktivierung und Inaktivierung von Genen in Kartoffeln und Raps zu entwickeln, um die Resistenz gegen die Krankheitserreger Verticillium longisporum in Raps und Streptomyces scabies in Kartoffeln zu erhöhen. Solana Research arbeitete eng mit der Partneruniversität Christian-Albrechts-Universität (CAU) zusammen, um die Arbeiten an der Kartoffel voranzutreiben. Da sich das CRISPR/Cas9-System als deutlich effizienter erwies als die ursprünglich geplanten TALEN-Konstrukte, wurde der TALEN-Ansatz schon früh im Projekt aufgegeben. Die CAU etablierte schnell ein effektives Vektorsystem für die CRISPR/Cas9-Übertragung.
Das erste Ziel in der Kartoffel war der Anfälligkeitsfaktor TXR1, von dem man annimmt, dass er die Pflanze anfällig für Streptomyces scabies macht. Trotz umfangreicher Transformations- und Screening-Bemühungen wurden keine Mutationen in diesem Gen erzielt. Im Dezember 2016 wurde das Projekt um zwei weitere Anfälligkeitsgene für den Krautfäuleerreger Phytophthora infestans erweitert. Die Mutationen wurden erfolgreich in das CESA3-Gen in zwei verschiedenen Kartoffelsorten eingeführt. Zunächst waren die bearbeiteten Linien simplex für die Mutation, aber nach einer zweiten Runde von Gewebekulturzyklen wurden homozygote Linien erzeugt, die die Mutation auf allen vier Allelen des tetraploiden Genoms tragen. Phänotypische Tests ergaben jedoch keine erhöhte Resistenz gegen P. infestans, möglicherweise weil es sich bei einer der Mutationen um eine 9-bp-Deletion handelte, bei der drei Aminosäuren entfernt wurden, ohne einen Frameshift zu verursachen, so dass das Gen funktionell aktiv blieb.
Insgesamt wurden 200 transgene Linien mit sieben CRISPR/Cas9-Konstrukten (K210-K216) erzeugt. Die Transformationseffizienz lag bei den Kanamycin-resistenten Konstrukten über 50 % und bei den Hygromycin-resistenten Konstrukten nur bei etwa 10 %. Die CAPS-PCR-Analyse identifizierte 15 mutierte Linien, was 9 % der PCR-positiven Linien entspricht. Die Sequenzierung von fünf dieser Linien ergab Deletionen von 1, 9 oder 15 Basenpaaren; die 9-bp-Deletion in der Linie SR696-5 entfernte drei Aminosäuren. Keine der mutierten Linien zeigte eine verbesserte Krankheitsresistenz, was die Notwendigkeit eines vollständigen Knockouts aller Allele im tetraploiden Genom unterstreicht.
Um eine stabile Integration der Cas9-Kassette zu vermeiden und damit die regulatorischen Anforderungen für gentechnisch veränderte Organismen zu umgehen, verfolgte das Projekt eine transiente Expression des CRISPR/Cas9-Systems. Dies erforderte ein robustes Protoplastenpräparations- und Regenerationsprotokoll, das an die Saaten-Union Biotec GmbH vergeben wurde. Durch den Untervertrag wurde ein genotypunabhängiges Protokoll für die Protoplastenisolierung, die Regeneration und die transiente Expression des grün fluoreszierenden Proteinreporters erreicht. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 25. Juli 2018 schränkte jedoch die Verwendung transient editierter Pflanzen in der Europäischen Union ein, was die Umsetzung dieser technischen Fortschritte in feldtaugliche Sorten erschwerte.
An der Zusammenarbeit waren Solana Research, die CAU und Saaten-Union Biotec beteiligt, wobei das Projekt von deutschen Forschungseinrichtungen finanziert wurde. Der Zeitplan reichte von der anfänglichen Entwicklung des CRISPR/Cas9-Systems über die Erzeugung von Mutantenlinien und die Etablierung eines Protoplasten-Systems bis hin zu den laufenden Bemühungen, vollständig ausgeschaltete Linien zu erzeugen und ihre Resistenzphänotypen zu bewerten. Das Projekt zeigt die Machbarkeit von CRISPR/Cas9-vermitteltem Editing bei polyploiden Nutzpflanzen und verdeutlicht die technischen Herausforderungen, die mit dem vollständigen Knockout von Genen und der Einhaltung von Vorschriften bei Kartoffeln und Raps verbunden sind.
