Das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUV) und der VolkswagenStiftung in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur geförderte Projekt TRANSENS läuft von 2019 bis 2024 unter der Förderungsnummer 02E11849A-J. Es ist das erste groß angelegte transdisziplinäre Projekt in Deutschland, das 16 Institute und Forschungsbereiche von neun deutschen und zwei Schweizer Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammenbringt, um die Herausforderungen der nuklearen Entsorgung anzugehen. Das Hauptziel ist es, natur- und sozialwissenschaftliche Perspektiven zu kombinieren, die Gestaltung von Endlagern zu verbessern und das Verständnis und die Akzeptanz der Öffentlichkeit für die Entsorgung von Atommüll zu erhöhen.
In diesem Rahmen führte Roman Seidl vom Institut für Radioökologie und Strahlenschutz der Leibniz Universität Hannover eine Reihe von Interviews mit Mitgliedern der Arbeitsgruppe Bevölkerung (AGBe), die Laienpartner in dem Projekt vertritt. Die Interviews, die im Jahr 2021 durchgeführt wurden, sollten herausfinden, wie Nicht-Wissenschaftler Wissenschaft wahrnehmen, was sie als wissenschaftliches Experiment ansehen und wie sie legitime Wissenschaft von Pseudowissenschaft unterscheiden. Der erste Workshop konzentrierte sich auf das Vertrauen im Alltag und in wissenschaftlichen Kontexten und untersuchte, ob Sozialwissenschaftlern und Naturwissenschaftlern unterschiedlich vertraut wird und welche Kriterien diesem Vertrauen zugrunde liegen. Die Forscher stellten fest, dass sie nur begrenzte Kenntnisse über das wissenschaftliche Verständnis der AGBe hatten, insbesondere in Bezug auf die Kommunikation von Modellunsicherheiten, und dass diese Lücke Anlass zu weiteren Untersuchungen über die Erwartungen an eine transdisziplinäre Zusammenarbeit gab.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Sprache der AGBe zwar manchmal von der formalen wissenschaftlichen Terminologie abweicht, die zugrundeliegenden Konzepte jedoch eng mit denen von Wissenschaftlern übereinstimmen. Beispielsweise beschrieben die Teilnehmer ein Experiment als eine Methode, bei der eine bestimmte Anordnung konstruiert wird, um ein vorher festgelegtes Ergebnis unter definierten Bedingungen zu erreichen. Diese Ähnlichkeit deutet darauf hin, dass Laien wissenschaftliche Verfahren verstehen können, wenn sie in verständlichen Begriffen vermittelt werden. Die Interviews zeigten auch, dass Diskussionen über die Entsorgung von Atommüll oft von einer kleinen Gruppe von Befürwortern oder Gegnern dominiert werden und die Mitte nur selten vertreten ist – ein Muster, das die allgemeinen Herausforderungen bei der Einbeziehung der Öffentlichkeit in diesem Bereich widerspiegelt. Dennoch zeigt die Studie, dass ein produktiver Dialog möglich ist, wenn Wissenschaftler ihre Sprache anpassen und explizit auf die Erwartungen und mentalen Modelle ihrer Partner eingehen.
Der technische Beitrag des Berichts liegt in der systematischen Darstellung der Wahrnehmung der Wissenschaft durch Laien in einem transdisziplinären Kontext der nuklearen Entsorgung. Durch die Dokumentation der mentalen Modelle der AGBe-Mitglieder bietet die Studie eine Grundlage für die Entwicklung effektiverer Kommunikationsstrategien und für die Strukturierung partizipativer Prozesse, die sowohl die wissenschaftliche Strenge als auch die Bedenken der Öffentlichkeit berücksichtigen. Der Bericht enthält zwar keine quantitativen Leistungskennzahlen, aber er liefert qualitative Belege dafür, dass die Integration sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse die Legitimität und gesellschaftliche Akzeptanz von Lösungen für die Atommüllentsorgung verbessern kann.
An dem Projekt ist ein breites Konsortium von deutschen und schweizerischen Universitäten beteiligt, die alle ihr Fachwissen in Bereichen vom Strahlenschutz bis zur Umweltpolitik einbringen. Die AGBe dient als Brücke zur breiten Öffentlichkeit und stellt sicher, dass die Stimmen der Bürger in die Forschungsagenden einfließen. Der Zeitrahmen des Projekts, der von 2019 bis 2024 reicht, ermöglichte iterative Workshops, Interviews und die Entwicklung eines transdisziplinären Rahmens, der auf zukünftige Initiativen zur Entsorgung nuklearer Abfälle angewendet werden kann. Das Partnerschaftsmodell, das von Bundes- und Stiftungsgeldern unterstützt wird, ist ein Beispiel dafür, wie groß angelegte, disziplinübergreifende Forschung organisiert werden kann, um komplexe gesellschaftliche Herausforderungen anzugehen.
